Blutdruck & Medizin

Der Puls gibt Hinweise auf Herzerkrankungen

Der Puls pocht im Takt des Herzens. Dabei verrät er viel über die Leistungsfähigkeit des lebenswichtigen Organs.

Pulsmessung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen Pulsmessung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Das Herz pumpt das Blut durch den Körper – wir spüren dies am unablässigen Pochen des Pulses. Dieser Pulsschlag gibt uns auch die Möglichkeit, den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems zu überprüfen. Und das ganz einfach: Der Puls lässt sich an vielen Stellen des Körpers leicht ertasten – ohne Instrumente oder technische Geräte.

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Wie entsteht der Puls?

Der Pulsschlag entsteht, wenn sich die linke Herzkammer zusammenzieht und frisches Blut in die Adern pumpt (systolische Phase). Das Blut schießt dann in einer Druckwelle durch den Körper: Es drückt schlagartig gegen die Wände der Adern, die sich daraufhin schnell ausdehnen. Diesen Schlag nehmen wir als Pochen wahr. Daher kommt auch der Name „Puls‟ – pulsus ist das lateinische Wort für Stoß oder Schlag1.

Kurz darauf erschlafft der Herzmuskel, der Blutdruck sinkt und die Adern sind nicht mehr so prall gefüllt (diastolische Phase). Dieser Zustand hält meist nur für Sekundenbruchteile an: Die nächste Kontraktion des Herzmuskels schickt eine neue Druckwelle durch den Körper und erzeugt das nächste Pochen.

Was kann der Pulsschlag verraten?

Bei einem gesunden Menschen erfolgt das Pochen in genau demselben Rhythmus, in dem sich das Herz zusammenzieht und entspannt. Die Pulsschläge sind gleichmäßig stark und der zeitliche Abstand zwischen ihnen ist immer gleich groß.

Abweichungen von dieser Regelmäßigkeit können ein Warnsignal dafür sein, dass mit dem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Der Puls kann dann wertvolle Hinweise auf mögliche Ursachen geben. Dabei sollte man auf drei Dinge achten:

  • Wie häufig schlägt der Puls?
  • Wie regelmäßig ist der Puls?
  • Wie stark ist der Puls?

Wie kann man den Puls messen?

Pulsmessung mit Geräten

Die Medizintechnik hat unterschiedliche Sensoren entwickelt, die den Puls wahrnehmen können. Sie sind in vielen Geräten eingebaut, die auch im Alltag häufig verwendet werden:

  • Blutdruckmessgeräte erfassen die Schwingungen, die durch das Pulsieren der großen Blutgefäße in Oberarm oder Handgelenk entstehen (oszillometrische Methode).
  • Pulsoxymeter, Fitnesstracker und Smartphones senden mit ihren LEDs Licht aus, das vom roten Blutfarbstoff reflektiert wird. So lässt sich das rhythmische An- und Abschwellen der kleinen Blutgefäße unter der Haut verfolgen2.

Derartige Messungen sind jedoch nur begrenzt aussagekräftig, wenn sie sich auf die Frequenz, also die Anzahl der Schläge pro Minute, beschränken. Vor allem Blutdruckmessgeräte können jedoch auch Unregelmäßigkeiten oder Arrhythmien im Pulsschlag erkennen, die auf ernste Erkrankungen hinweisen3.

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Pulsmessung mit der Hand

Bei der Messung des Pulses per Hand – auch manuelle Messung genannt – lassen sich meist deutlich mehr Informationen aus dem Pulsschlag entnehmen. Mit etwas Übung kann dann auch die Stärke oder Amplitude des Pulsschlages eingeschätzt werden. Zudem lassen Abweichungen vom regelmäßigen Schlagmuster leicht erkennen.

Am einfachsten gelingt die manuelle Pulsmessung am Handgelenk. Dort verläuft die große Speichenarterie, die leicht zugänglich ist und deren Pochen deutlich zu spüren ist. Dazu muss man nur1

  • zwei bis drei Fingern an die Innenseite des Handgelenks legen, direkt am Ansatz des Daumens
  • die Stelle ertasten, an der das Pochen der Speicherarterie deutlich spürbar ist
  • 30 Sekunden lang die Pulsschläge zählen und das Ergebnis verdoppeln
  • als Ergebnis erhält man den Pulsschlag pro Minute

Wer Probleme mit dem Handgelenk hat, kann den Puls auch an anderen Körperstellen messen. Besonders geeignet sind

  • die Halsschlagader unterhalb des Kiefers, in der Nähe des Adamsapfels (Carotispuls)
  • die Arterie in der Leiste, an der Innenseite des Oberschenkels (Femoralispuls)

Was ist normal?

Wie oft das Herz – und damit auch der Puls – schlägt, hängt von vielen Faktoren ab. Aufregung und Stress können den Puls in die Höhe treiben, vor allem aber anstrengende körperliche Tätigkeiten. Dies ist eine normale Reaktion des Körpers – der Puls beruhigt sich in der Regel innerhalb weniger Minuten wieder.

Einen wichtigen Hinweis auf die Herzgesundheit gibt der Ruhepuls: Das ist der Pulsschlag in einem ausgeruhten Zustand, gemessen im Sitzen oder Liegen. Am besten lässt sich der Ruhelpuls morgens kurz nach dem Aufstehen bestimmen. Später am Tag sollte man sich vor der Messung einige Minuten im Sitzen oder Liegen entspannen.

Normale Werte für den Ruhepuls liegen ungefähr in diesen Bereichen (in Schlägen pro Minute)1:

  • Erwachsene: 60 bis 80
  • Neugeborene: 120 bis 140
  • Kleinkinder: 100 bis 120
  • Senioren: eventuell etwas höher als 60 bis 80

Bei Frauen kann der Ruhepuls etwas höher sein als bei Männern. Bei Sportlern kann er auch etwas niedriger sein, da ihr gut trainiertes Herz mehr Blut auswerfen kann.

Ruhepuls bei Erwachsenen und Kindern

Was, wenn der Puls zu hoch oder zu niedrig ist?

Weicht der Ruhepuls deutlich von den Normalwerten ab, kann dies ein Hinweis auf eine Erkrankung sein. Sollten zusätzlich weitere Beschwerden auftreten, müssen diese Probleme möglichst bald mit einem Arzt abgeklärt werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Puls langfristig zu hoch oder zu niedrig ist.

Zu niedriger Puls

Ein zu niedriger Puls wird in der Fachsprache Bradykardie genannt. Er kann als Folge von Herzerkrankungen oder Medikamenten wie Betablockern auftreten4. Solange keine weiteren Beschwerden auftreten, ist ein Puls unter 50 jedoch kein ernsthaftes Problem.

Fällt der Ruhepuls jedoch unter 40, sollte ein Arzt hinzugezogen werden. Dies gilt vor allem, wenn gleichzeitig Beschwerden wie Schwindel, Atemnot, Müdigkeit oder Ohnmachtsanfälle auftreten. Unter Umständen kann dann ein Herzschrittmacher notwendig werden.

Zu hoher Puls

Liegt der Puls deutlich über dem Normalwert, spricht man von Herzrasen oder Tachykardie. Das kann ein Zeichen von Fieber, Infektionen oder einer Schilddrüsenerkrankung sein. Oft spielen auch Stress, Koffein oder Medikamente eine Rolle.

Ist kein äußerer Anlass erkennbar, kann ein hoher Ruhepuls ein ernstes Warnsignal sein. Werte über 100 können bei Erwachsenen auf eine Herzrhythmusstörung wie das Vorhofflimmern hinweisen. Der Zustand sollte dann mit einem Arzt geklärt werden: Am besten sofort, solange das Herzrasen noch anhält. Ein EKG kann dann die Herzfunktion überprüfen und mögliche Ursachen aufdecken5.

Wenn das Herzrasen mit Schmerzen und Druckgefühl in der Brust einhergeht, können dies Symptome eines Herzinfarkts sein5. In Kombination mit Atemnot, Schwindel oder Bewusstseinsstörungen kann ein stark erhöhter Puls auf eine verminderte Pumpfunktion des Herzens hinweisen. In beiden Fällen sollte sofort ein Rettungswagen oder Notarzt gerufen werden.

Was ist beim Sport zu beachten?

Beim Sport steigt der Puls deutlich an: Das ist unvermeidlich und beim Ausdauertraining auch erwünscht. Viele Sportlerinnen und Sportler optimieren deshalb ihren Trainingsplan mit Hilfe der Pulsfrequenz6. Dabei ist es jedoch wichtig, das Herz nicht zu überlasten.

Als Obergrenze wird oft folgender Wert genannt: 220 minus Lebensalter. Für einen 20-Jährigen bedeutet dies, dass der Puls beim Training nicht über 200 Schläge pro Minute steigen sollte. Für einen 60-Jährigen hingegen sinkt die empfohlene Obergrenze auf 160 ab.

Was bedeuten schwache Pulsschläge?

Die Stärke des Pulsschlags wird als Amplitude bezeichnet. Bei einem gesunden Menschen sollte der Puls kräftig und alle Schläge sollten etwa gleich stark sein. Ein durchgehend schwacher Puls ist ein ernstes Warnsignal und tritt in der Regel nur bei medizinischen Notfällen auf.

Es kann aber auch vorkommen, dass der Puls mal stärker und mal schwächer schlägt. Unter Umständen lassen sich Muster erkennen, die auf bestimmte Erkrankungen hinweisen können (siehe unten).

Ungewöhnliche Muster im Pulsschlag

Bei einem gesunden Herz ist der zeitliche Abstand zwischen den Schlägen immer gleich groß. Die Schläge sind auch immer gleich stark. Unregelmäßigkeiten zeigen an, dass das Herz aus dem Takt geraten ist.

Bei der Pulsmessung können dann kompliziertere Muster oder Pulsqualitäten auftreten. Zu den häufigeren Formen zählen Pulsus paradoxus, alternans und bigeminus7.

1. Pulsus paradoxus

Die Stärke des Pulses ist auch vom Atemrhythmus abhängig, da bei der Einatmung der systolische, höhere Blutdruck leicht abfällt. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn der Abfall mehr als 10 mmHg beträgt und der Puls beim Einatmen deutlich schwächer ist – der Pulsus paradoxus. Eine mögliche Ursache ist eine Ansammlung von Flüssigkeit zwischen dem Herzmuskel und dem umliegenden Bindegewebe: Diese Herzbeutel- oder Perikardtamponade sollte unverzüglich behandelt werden.

2. Pulsus alternans

Wenn jeder zweite Pulsschlag deutlich schwächer ist, sprechen Ärzte vom Pulsus alternans. Er ist ein Hinweis auf eine Funktionsstörung der linken Herzkammer. Diese Form der Herzschwäche hat zur Folge, dass abwechselnd größere und kleinere Blutmengen in den Kreislauf gepumpt werden.

3. Pulsus bigeminus

Auch der Zwillingspuls oder Pulsus bigeminus hat ein charakteristisches Muster: Zwei Schläge, auf die eine längere Pause folgt. Diese Herzrhythmusstörung kann Folge einer Überdosierung mit dem Wirkstoff Digitalis, aber auch Vorbote schwerer Herzanfälle sein.

Das Pulsdefizit

In der Regel ist der Pulsschlag identisch mit dem Herzschlag: Ein Elektrokardiogramm (EKG) des Herzens liefert dann den gleichen Wert wie eine Pulsmessung. Ein geschwächtes Herz kann jedoch Kontraktionen ausführen, die kein oder nur sehr wenig Blut in die Adern pumpen. Diese Kontraktionen erzeugen damit auch keinen Pulsschlag. In diesem Fall stellt der Arzt eine Diskrepanz zwischen dem Herz-EKG und der Pulsmessung fest. Dieses Phänomen wird als Pulsdefizit bezeichnet8.

Ein Pulsdefizit kann verschiedene Ursachen haben. Bei älteren Menschen ist es manchmal auch ein Warnsignal für das Vorhofflimmern, eine Form der Herzrhythmusstörung. Eine gründliche Untersuchung durch einen Spezialisten ist daher fast immer ratsam.

Fazit

Die Pulsmessung liefert verlässliche Aussagen über die Leistungsfähigkeit des Herzens. Mit etwas Übung kann auch ein Laie schnell wichtige Informationen über sein Herz-Kreislauf-System erhalten.

In einem Krankenhaus sichern moderne Instrumente letztlich die Diagnose von Herzerkrankungen ab. Doch in der Routine und zur schnellen Diagnose hat sich die manuelle Pulsmessung seit Jahrhunderten bewährt – sie wird auch in Zukunft einen wichtigen Platz in der Medizin einnehmen.

Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel gibt den aktuellen Stand des Wissens wieder. Er enthält jedoch nur allgemeine Hinweise, die nicht für eine Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung geeignet sind. Einen Arztbesuch kann er auf keinen Fall ersetzen.

Quellen und weiterführende Literatur

  • 1 B. Lüderitz, Welcher Puls ist normal?, Deutsche Herzstifung, abgerufen März 2025 (Link)
  • 2 Betz et al., Interpretation der Photoplethysmographie: Schritt für Schritt, Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie, Juli 2021 (Link)
alle Quellen anzeigen
  • 3 Mit Pulsmessung Vorhofflimmern erkennen, Herzzentrum Bremen, abgerufen März 2024 (Link)
  • 4 B. Lüderitz, Wie niedrig darf der Puls sein?, Deutsche Herzstifung, abgerufen März 2025 (Link)
  • 5 V. von Kageneck, Plötzlich schneller Puls: Muss ich mir Sorgen machen?, Deutsche Herzstifung, abgerufen März 2025 (Link)
  • 6 Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention, Trainingsempfehlungen mit dem Rezept für Bewegung, abgerufen März 2025 (Link)
  • 7 Henery und Tummala, Pulsus Alternans, StatPearls, Stand April 2023 (Link)
  • 8 Karadavut und Altintop, Pulse deficit in atrial fibrillation - a different perspective on rhythm or rate control strategy, Kardiologia Polska, September 2021 (Link)
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